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Pflege neu denken – der Einsatz von Robotik in der Pflege

17. Dezember 2020

Schwarze, große Augen. Ein verträumter Blick. Ein glänzender und makelloser Kör-per. 1,20 Meter groß. Die Rede ist von Pepper, einem Pflege-Roboter. Schon davon gehört? Pepper ist eins von verschiedenen Pilotprojekten, um die Di-gitalisierung in der Pflege voranzutreiben. Von Ines Hoffmann

Pepper Roboter

Pepper Roboter

Pepper sorgt für Abwechslung

Bei vielen Patient*innen und Bewohner*innen sorgt Pepper für eine gelungene Abwechslung. Ob in der Kinderklinik, im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung. Pepper ist vielseitig einsetzbar, singt, tanzt und verbreitet gute Laune. Aber nicht nur das. Pepper unterstützt und entlastet Pflegefachkräfte. Und lernt täglich Neues dazu – durch künstliche Intelligenz. Der humanoide Roboter beobachtet das Verhalten der Patient*innen und Bewohner*innen, analysiert ihre Verhaltensmuster und sammelt dabei Daten. Algorithmen interpretieren diese und Pepper passt sein Verhalten dadurch ganz individuell an uns Menschen an.

Den Pflege-Robotern gehört die Zukunft?

Was vor einigen Jahren noch utopisch klang, ist mittlerweile die nahe Zukunft. Denn vermehrt wird über den gezielten Einsatz von lernenden Systemen, zu denen Pepper oder andere Pflege-Roboter zählen, diskutiert. Bundesweit sind solche Technologien jedoch noch nicht flächendeckend vorzufinden. Allerdings werden viele der bislang laufenden Projekte allmählich alltagstauglich.

Gute Gründe für den technologischen Fortschritt in der Pflege gibt es zuhauf:

  • den künftigen Herausforderungen des Pflegeberufs frühzeitig begegnen           (Stichwort: demografischer Wandel und Pflegefachkräftemangel)

  • die Qualität der Pflege auch weiterhin sicherstellen

  • mehr Zeit für menschliche Zuwendung schaffen

  • den Anschluss an andere Branchen bzgl. technologischer Lösungen nicht verpassen

  • die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen

Und auch die Bandbreite der Ideen zu Pflegetechnologien ist groß: von einfachen Hilfsmitteln, die an die Medikamenteneinnahme erinnern, über GPS-Tracker zum Orten von an Demenz erkrankten Menschen bis hin zu Robotern wie Pepper, die auch im Alltag unterstützen können.

Ersetzen Pflegetechnologien menschliche Pflegefachkräfte?

Der Grundgedanke hinter dem Fortschritt ist vermutlich wohlwollend. Denn Pflegefachkräfte sollen dadurch entlastet werden. So verheißungsvoll das auf den ersten Blick erscheint: wie gut kommt der technologische Fortschritt in der Profession Pflege tatsächlich an?

Wie aus einem Report des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) zum Thema Pflege und digitale Technik hervorgeht, stuft die Pflegebranche die technologischen Entwicklungen überwiegend positiv ein (Kuhlmey et al., 2019(Wird in neuem Tab/Fenster geöffnet)). Das Aber: als willkommen wird die Technik nur dann geheißen, wenn die Hilfen vor allem bei körperlich anstrengenden Arbeiten assistieren können oder die Dokumentation und das Monitoring elektronisch erfolgen. Die positive Einstellung kehrt nämlich ins Gegenteil um, wenn durch deren Einsatz soziale Unterstützung vermittelt werden soll. Und die Menschlichkeit – und damit verbunden die Emotionalität und Nähe – kann nicht einfach durch Robotik ersetzt werden. Denn davon lebt die Profession Pflege!

Pflegefachkräfte sind nicht 1:1 durch die Robotik ersetzbar

Somit stößt die Technologie im Bereich der Emotionalität schnell an ihre Grenzen. Wie erwähnt, analysieren die humanoiden Roboter zwar die menschlichen Verhaltensmuster und passen sich entsprechend rasch an ihr Gegenüber an. Dennoch widerstrebt der Einsatz dem Berufsbild der Pflege – speziell den beiden Aspekten der Fürsorge und Empathie, welche im Zentrum pflegerischen Handelns stehen. Und das ist nicht der einzige Punkt, der kritisch beleuchtet werden kann. Trotz der Algorithmen, die die Roboter schnell lernen lassen, verfügen sie (noch) nicht über differenziertes pflegefachliches Wissen. Die bisherigen Prototypen der humanoiden Roboter sind daher kein verlässlicher Berater zu pflegefachlichen Fragen in der Patientenversorgung. Die Technik kann nicht einschätzen, wie es dem/der Patient*in geht, ob er/sie beispielsweise an Zyanose leidet, über Dyspnoe klagt und auch generell führt er keine zuverlässige Patientenbeobachtung durch.

Zu all den Kritikpunkten gesellt sich der ethische Aspekt, den es zu klären gilt. Zwar wird durch die Technik ein selbstbestimmtes Leben für die Pflegebedürftigen ermöglicht und Pflegefachkräfte zum Teil entlastet. Ethische Überlegungen beziehen sich jedoch vorrangig auf die Achtung der Selbstbestimmung und den Schutz der Privatsphäre der zu Pflegenden. Denkbar ist daher, die Robotik im Rahmen von Betreuungs- und Beschäftigungsangeboten einzusetzen. Befragt man Patient*innen und Bewohner*innen zum Einsatz von Technologien, so finden diese zum Teil großen Gefallen an der Technik. Sie weckt die Neugierde und sorgt für Abwechslung im teils eintönigen Alltag.

Übrigens: der Deutsche Ethikrat befürwortet in einer Stellungnahme im Frühjahr 2020 technische Entwicklungen in der Pflege, sofern dies sowohl für die Pflegefachkräfte als auch die zu Pflegenden von Nutzen ist und die Würde der Menschen achtet.

Ist die Pflegebranche bereit für neue Technologien?

Für manche Pflegefachkräfte ist der Einsatz von Pflegetechnologien seit einigen Jahren Teil des Berufsalltags. Der Pflegesektor scheint jedoch nur teilweise bereit für technologische Neuerungen zu sein. Das liegt nicht allein an der individuellen Akzeptanz der Technik. Häufig fehlt die Routine in der Nutzung der neuen Technikmöglichkeiten. Grund dafür ist der mangelnde Zugang zur modernen Technik, was möglicherweise auch an den hohen Anschaffungskosten für die Kliniken und Pflegeeinrichtungen liegt. Vonnöten wären eine flächendeckende Ausstattung und eine damit einhergehende adäquate Einarbeitung in die Systeme. Dies würde dazu beitragen, dass der Pflegeberuf kein technisch abgeschotteter Bereich im Gesundheitswesen wird. In Deutschland steckt die Entwicklung einsatzfähiger humanoider Pflegeroboter – im Vergleich zu anderen Ländern, wie etwa China – noch in den Kinderschuhen. Die zahlreichen Pilotprojekte mit Pepper und anderen technischen Hilfsmittel sind ein erster Schritt in die digitale Welt, in welcher Chancen schlummern. Zeitgleich warten auch Herausforderungen, welche es zu meistern gilt.

Fazit: Assistent ja – Pflegefachkraft nein

Die Thematik wird auch weiterhin kontrovers diskutiert. Für einen optimalen Einsatz von Robotern in der Pflege müssten zunächst konkrete Kriterien entwickelt werden. Generell, so auch die Stellungnahme des Deutschen Ethikrats, können Roboter in der Pflege einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsqualität im Pflegebereich und der Lebensqualität von Patient*innen und Bewohner*innen leisten – unter der Voraussetzung, dass zwischenmenschliche Beziehungen nicht ersetzt werden. Denn trotz allen Fortschritts bleibt die Tatsache, dass die Profession Pflege einen Dienstleistungsberuf darstellt, der auf das Menschliche angewiesen ist. Pflegefachkräfte sollen nicht komplett durch Roboter ersetzt werden. Vielmehr scheint es das Ziel zu sein, Pflegefachkräfte im Berufsalltag unter Mithilfe von Robotern zu unterstützen.

Nichtsdestotrotz sollten wir gespannt bleiben und offen dafür sein, was die Zukunft an technischen Neuerungen für den Pflegeberuf und damit auch für die Gesellschaft parat hält. Diskussionspotential zum Pro und Contra des Einsatzes der Robotik in der Pflege bleibt wohl auch weiterhin.

Ines Hoffmann ist Pflegepädagogin (B.A.), Gesundheits- und Krankenpflegerin und zertifizierte Beraterin zur Vorsorge und Patientenverfügung. Sie arbeitet als Fachberaterin im Bereich Pflege/Eldercare und  unterstützt pflegende Angehörige bei der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.

Ines Hoffmann

Ines Hoffmann

Weiterführende links

1. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2019): Was Robotik in der Pflege leisten kann. Online verfügbar unter https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/interviews/de/was-robotik-in-der-pflege-leisten-kann.html(Wird in neuem Tab/Fenster geöffnet) (letzter Zugriff: 08.09.2020)         2. Deutscher Ethikrat (Hrsg.) (2020): Robotik für gute Pflege. Online verfügbar unter https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-robotik-fuer-gute-pflege.pdf(Wird in neuem Tab/Fenster geöffnet) (letzter Zugriff: 08.09.2020) 3. Sönnichsen, Birthe (2020): Mein Helfer, der Roboter. Online verfügbar unter https://www.tagesschau.de/inland/pflege-roboter-101.html(Wird in neuem Tab/Fenster geöffnet) (letzter Zugriff: 08.09.2020) 4. Zentrum für Qualität in der Pflege (Hrsg.) (2019): Pflege und digitale Technik. Online verfügbar unter https://www.zqp.de/wp-content/uploads/ZQP-Report-Technik-Pflege.pdf#page=1(Wird in neuem Tab/Fenster geöffnet) (letzter Zugriff: 07.09.2020)