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Im Gespräch: Eine Pflegepädagogin über die Ausbildungssituation während Corona

30. Juli 2021

Wie hat Corona die Pflegeausbildung beeinflusst? Sehen sich die Schülerinnen und Schüler eher gestärkt durch die neue Aufmerksamkeit seit der Pandemie? Oder sind viele angesichts der Anforderungen wie Distanzunterricht oder das Arbeiten auf Corona-Stationen überfordert? Und wie ist die Lage innerhalb der Bildungseinrichtungen? Die Pflegepädagogin Frau Christina Fröhling hat sich in einem Gespräch hierzu geäußert. Von Sarah Micucci

Photo courtesy of Elsevier / Colourbox

Frau Fröhling, Sie sind Pflegepädagogin und arbeiten an einer Pflegeschule. Welche Schule ist das, und was sind Ihre Tätigkeitsfelder?

Die staatliche Berufsschule II in Mühldorf am Inn, Berufsfachschule für Pflege. Die Schule ist eine der wenigen staatlichen Schulen für die Pflegeausbildung. Wir bilden seit September 2020 zur Pflegefachfrau/Pflegefachmann aus. Vorher haben wir bereits den Schulversuch Generalistik geführt, sowie die Ausbildung zur Altenpflege. Ich gestalte theoretische und praktische Unterrichtseinheiten, und bin für die Praxisbesuche sowie für die Koordination der praktischen Ausbildung der zukünftigen Pflegefachkräfte zuständig.

Wie hat sich aus Ihrer und der Perspektive Ihrer Kolleginnen und Kollegen die Ausbildungssituation seit Corona verändert?

Wir waren von Mitte November 2020 bis Mitte Mai 2021 ausschließlich im Distanzunterricht. Die Unterrichtseinheiten wurden via TEAMS durchgeführt. Bei uns hat das digitale Unterrichten sehr gut geklappt, jedoch konnten natürlich keine praktischen Übungen durchgeführt werden. Schüler, die keine Laptops, Tablets etc. hatten, konnten sich einen Laptop über die Schule ausleihen. Die Mitarbeit der Schüler war gut, wir haben generell ein gutes Feedback von den Einrichtungen und Schülern bekommen. Um die fehlende Übungspraxis aufzuholen, werden bei uns jetzt ganze Praxisübungstage organisiert, wo die Schüler in Kleinstgruppen zusammen mit einer Lehrkraft die praktischen Inhalte einüben können. Von unserer Schule wurden auch Fortbildungen zu TEAMS, Mebis, Methoden für den digitalen Unterricht angeboten. Besonders ist auch, dass bei uns laut Stundenplan unterrichtet wurde, d.h. nicht nur bis Mittag und dann Selbststudium.

Welche Erfahrungen machen Sie bei den Praxisbesuchen und den praktischen Prüfungen? Was hat sich hier verändert?

Wir haben eine digitale Praxissprechstunde eingerichtet, die sehr gut angenommen wurde. Die Schüler wurden dafür extra von ihrer Einrichtung freigestellt und hatten dann Zeit mit der praxisbegleitenden Lehrkraft zu sprechen (via TEAMS). Dabei wurden intensiv pflegerische Themen aufgearbeitet, z.B. Arbeits- und Lernaufgaben, konkrete pflegerische Abläufe. Die Pflegeheime haben sich alle sehr bemüht, die Praxisbesuche unter bestimmten hygienischen Voraussetzungen schnellstmöglich wieder zu ermöglichen. Bei den Prüfungen hat sich im Bereich der Altenpflege die Situation entspannt, und die Prüfungen konnten in der jeweiligen Einrichtung stattfinden. Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege, also bei den Klinikschülern, wurde die Prüfung an der Puppe in der Schule simuliert. Hierfür haben wir Handlungssituationen vorbereitet. Die Schüler konnten somit eine reguläre Pflegeplanung schreiben, und ihren „Patienten“ dann dementsprechend versorgen.

Haben Sie das Gefühl, dass den Schülerinnen und Schülern trotz der Umstände durch die Pandemie genug Aufmerksamkeit entgegengebracht wird?

Natürlich war es nicht ganz einfach, die neue Ausbildung und Corona unter einen Hut zu bringen. Durch den regen Austausch im Distanzunterricht, die digitale Begleitung der praxisbegleitenden Lehrkräfte und den regelmäßigen Feedbacks und Umfragen, konnten die Schüler jederzeit Rückmeldungen, Wünsche und Anregungen einbringen. Die Themen, die viel Übungspraxis beanspruchen, wurden natürlich erst einmal verschoben. Die Schüler fanden sich gut aufgehoben. Natürlich hat uns allen aber der direkte, persönliche Austausch gefehlt.

Wie ist die Stimmung bei den Auszubildenden?

Größtenteils gut, weil sie jederzeit einen Ansprechpartner hatten. Auch die Klassenleitungen standen den Schülern jederzeit zur Verfügung. Durch digitale Kooperationspartnertreffen wurde auch mit den Einrichtungen viel kommuniziert.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Schülerinnen und Schüler durch die aktuelle Lage in der Praxis manchmal überfordert sind, bzw. mehr als vor der Pandemie von ihnen erwartet wird?

Der Einstieg in die Ausbildung in einer solchen Extremsituation war natürlich eine große Herausforderung, und die Schüler waren teilweise überfordert. Sie wurden aber in ihren Einrichtungen sehr behutsam von den Praxiseinleitern und den praxisbegleitenden Lehrkräften, eben auch durch die Praxissprechstunden, eingeführt und begleitet. Die Schüler, die in der Ausbildung schon weiter vorangeschritten waren, gaben eher an, dass die Situation für sie schwierig ist. Durch regelmäßige, meist digitale, Praxisanleitungen und Praxisbegleitungen, konnte dem aber gut entgegengewirkt werden.

Inwiefern hat sich Ihre Ausbildungsstruktur seit Corona verändert? Was ist neu?

Es wird viel mehr mit digitalen Medien gearbeitet, auch im Präsenzunterricht. Wir bekommen im nächsten Jahr ein SkillsLab, in dem wir reale Situationen nachspielen können, was natürlich nur über Technik möglich ist. Durch Corona haben wir uns schon einen guten Weg dahin geebnet. Viele Schüler erkennen jetzt natürlich den hohen Wert eines Präsenzunterrichts.

Wie reagieren die Auszubildenden auf Homeschooling?

Anfangs sehr gut, im Laufe der Zeit fiel die Motivation natürlich ein wenig ab. Da wir ja nach Stundenplan unterrichtet haben, und die Lehrer und Themen deswegen regelmäßig wechselten, haben wir so versucht die Schüler „bei der Stange zu halten“. Der lange Tag von 07:55 bis 15:00 ist aber natürlich schwierig. Wir haben aber sog. BuG-Stunden, also Bewegung und Gesundheit. Hier wurden die Themen Rückengesundheit, rückengerechtes Arbeiten am PC, Entspannungsphasen im Distanzunterricht usw. unterrichtet und durchgeführt.  Die meisten Schüler fanden den Distanzunterricht positiv, jedoch bevorzugen sie natürlich die Präsenzlehre.

Wie empfinden Sie als Pädagogin diese Unterrichtsform?

Ich habe schon immer gerne mit digitalen Medien gearbeitet. Durch den Distanzunterricht wurde das natürlich noch mehr. Ich habe regelmäßig mit Feedback über die aktuelle Situation meinen Unterricht begonnen, was die Schüler als angenehm empfanden. Aber ich bin natürlich, wie alle meine Kollegen, lieber in der Präsenzlehre.

Haben einige Ihrer Schülerinnen und Schüler aufgrund von COVID-19 die Entscheidung in der Pflege arbeiten zu wollen mittlerweile bereut?

Nein, jedoch haben sie gesehen, dass die Situation in der Pflege nochmal angezogen hat. Die Pflege und ihre Leistung haben einen größeren Stellenwert bekommen. Einige Schüler fanden sich dadurch sogar bestärkt. Sie haben erkannt ohne Pflegefachkräfte geht nichts weiter. Sie sind Stolz zu sagen „Ich arbeite in der Pflege, ihr seht was ich da leiste, ich mach was für die Menschheit“.

Was wünschen Sie sich zukünftig für die Pflegeausbildung?

Viel mehr Wertschätzung für die Pflege!!!! An dem Stellenwert der Pflege muss gearbeitet werden, die Arbeit muss mehr geschätzt werden! Nach Corona darf die Pflege nicht wieder auf ihren alten „Posten“ zurückfallen.

Da stimme ich Ihnen zu 100 Prozent zu! Frau Fröhling, vielen Dank für Ihre Zeit und das interessante Gespräch. Alles Gute für Sie, Ihre Kolleginnen und Kollegen, und Ihre Auszubildenden.

Autorin

Sarah Micucci

Sie ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin, sowie Pflegepädagogin (B.A.). Zusätzlich arbeitet sie als Autorin und Textredakteurin für Pflegefachliteratur.

Sarah Micucci

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